Vor ein paar Tagen haben wir bereits über das Loslassen gesprochen und wie man diesen Prozess mit Ritualen unterstützen kann. Denn gerade jetzt, in dieser Zeit des Jahres, stehen die Themen „Abschied“, „Loslassen“, „Trauer“ in spiritueller Hinsicht im Fokus.
Sie sind eng verbunden mit dem letzten Schnitterfest im Jahresrad. Samhain.
Es ist die Zeit im Jahr, in der wir an all das denken, das nicht mehr ist. An das, was wir verloren haben und von dem wir Abschied nehmen mussten. Nicht immer war dieser Abschied freiwillig.
Und so ist es auch die Zeit im Jahr, in der wir unserer Trauer Raum geben dürfen. Denn auch sie gehört zum Leben, genauso wie Verlust und Trennung. Wenn wir in regelmäßigen Abständen Trauer bewusst zulassen, sorgen wir dafür, dass sie sich nicht in uns anstaut und irgendwann zu einem unüberwindbar großen Berg wird, der uns zu erdrücken droht.
Das ist heilsam für unsere Seele und damit auf lange Sicht auch für unseren Körper.
Dabei spielt es keine Rolle, ob wir einen unerwarteten Verlust betrauern, oder etwas, von dem wir uns bewusst getrennt haben. Denn auch eine Trennung, die auf unserer eigenen Entscheidung beruht, kann Trauer in uns hervorrufen.
Um unserer Trauer Ausdruck zu verleihen, gibt es viele Wege. Der körperlich unmittelbarste Ausdruck zeigt sich durch Tränen. Man sagt, jede Träne sei ein Putztuch für die Seele.
Es ist also gut und wichtig, Tränen zuzulassen. Sie helfen uns dabei, unsere Trauer in körperlicher Hinsicht verarbeiten zu können. Denn alles, was unsere Seele berührt, berührt auch unseren Körper und hinterlässt Spuren.
Je nachdem, wie lange der Verlust, den wir betrauern wollen, zurückliegt, können wir unserer Trauer auf verschiedene Weise Ausdruck verleihen.
Dabei spielt es keine Rolle, ob wir den Verlust eines Menschen, eines Tieres, eines Gegenstandes oder eines Lebensumstandes betrauern wollen. Jeder Verlust kann uns verletzen und uns tief treffen.
Einen Ort zum Trauern schaffen
Ist der Verlust noch ganz frisch, ist es vor allem wichtig, sich die Zeit zum Trauern zu nehmen, und alle damit verbundenen Emotionen zuzulassen. Entweder alleine, oder zusammen mit anderen. Dafür kann ein geschützter Bereich in einer friedlichen Atmosphäre ein guter Ort sein. Dort darf der Trauer Raum gegeben werden, wie sie sich auch äußern mag und wie lange es auch dauert. Das kann eine Ecke in einem Zimmer sein, oder ein ganzer Raum. Diesen Bereich kann man dann mit Bildern, Kerzen, Räucherwerk, Duftlämpchen oder Gegenständen versehen, die entweder in gewisser Weise mit dem erlittenen Verlust in Verbindung stehen oder aber trösten und Hoffnung geben sollen. Decken und Kissen können helfen, eine Atmosphäre und ein Gefühl von Geborgenheit, Schutz und Halt zu schaffen. Da der Körper durch die Tränen viel Flüssigkeit verlieren kann, ist es auch ratsam, eine Flasche Wasser und ein Trinkglas dort bereit zu stellen.
Wer in seiner Trauer Trost und Halt in der Natur finden möchte, kann sich einen Baum oder einen Strauch suchen, um dort Platz zu nehmen und sein Herz auszuschütten.
Wenn der Verlust besonders schmerzhaft ist, kann es sein, dass die Trauer in Wellen immer wieder zurückkehrt und erst nach und nach schwächer wird, bis schließlich jede Träne geweint und jeder schmerzhafte Gedanke gedacht wurde. Dann kann es hilfreich sein, diesen besonderen Ort zu haben, an dem der Trauer Raum gegeben werden darf. Wann immer eine neue Welle des Schmerzes anrollt, kann man sich dorthin begeben.
Wenn nicht genug Platz für einen Ort der Trauer vorhanden ist, kann man auch einen bestimmten Platz in der Wohnung dazu machen, indem man ihn „aktiviert“, wenn man ihn braucht.
Z. B. indem man die Kerzen und Räucherwerk zwar dort platziert, aber bewusst entzündet, wenn man dort trauern möchte. Bilder oder andere Gegenstände können in einer kleinen Schachtel dort platziert und zum Trauern herausgeholt werden.
Das Gefühl von Trauer ist unangenehm, oft sogar einfach nur schmerzhaft. Weshalb man versucht sein kann, sie zu verdrängen oder sich abzulenken, um alles, was damit verbunden ist, nicht fühlen zu müssen. Doch je länger wir so eine Taktik anwenden, desto länger kann es dauern, bis wir damit tatsächlich abschließen und weitergehen können. Es kann passieren, dass sich daraus sogar Verhaltensmuster entwickeln, die uns im Alltag belasten. Vielleicht können wir bestimmte Orte nicht mehr aufsuchen, ohne ein unangenehmes Gefühl zu verspüren. Oder bestimmte Speisen nicht mehr essen, Filme nicht mehr sehen, Musik nicht mehr hören oder andere Personen nicht mehr sehen, ohne uns dabei unwohl zu fühlen. Es gibt viele Möglichkeiten, wie sich das, was verdrängt wurde, Gehör verschaffen kann.
Deshalb ist es wirklich heilsam und gut, ganz bewusst zu trauern. Je mehr wir diese Gefühle zulassen, desto schneller können wir den Verlust verarbeiten.
Mit der Zeit wird der Schmerz weniger, doch die Trauer kann uns noch eine ganze Weile begleiten.
Auch für diesen Zeitraum gibt es unterstützende Rituale, die uns Halt und Trost geben können.
Der Trauer Ausdruck verleihen
Je nachdem, was uns mehr liegt, können wir unserer Trauer Ausdruck verleihen, indem wir ein Bild zeichnen, eine Skulptur erschaffen, einen Text schreiben, ein Lied komponieren oder unsere Stimme durch Gesang erklingen lassen. Dies kann wieder an dem Ort geschehen, den wir für unsere Trauer geschaffen haben. Passende Musik kann hier unterstützend wirken.
Wir können unserer Trauer auch durch unsere Kleidung Ausdruck verschaffen. Indem wir z. B. schwarze Kleidung tragen, solange uns danach ist. Früher haben Männer eine schwarze Armbinde getragen, um nach außen zu zeigen, dass sie sich in Trauer befanden. Frauen trugen schwarze Schleifen. Auch heute kann man sich z. B. eine schwarze Schleife anstecken, die dann traditionell auf der linken Brustseite platziert werden kann. Auch an Fahrzeugen können schwarze Schleifen zum Zeichen der Trauer befestigt werden.
Eine andere Möglichkeit ist, Fotos von z. B. einer geliebten, verstorbenen Person mit einem schwarzen Band oder einem anderen Symbol zu versehen, das anzeigt, dass diese Person nicht mehr unter uns weilt. Man kann es auch in einen schwarzen Bilderrahmen geben.
Auch ein Spaziergang im Regen, mit oder ohne Regenschirm, kann heilend wirken. Wenn man Wasser zur Unterstützung verwenden möchte, aber kein Regen in Sicht ist, kann man auch ganz bewusst duschen gehen, um dabei seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen.
Durch Erinnerungen trauern
Liebevolle und schöne Erinnerungen können unsere Trauer zwar kurzzeitig noch einmal befeuern, doch in diesem Fall täuscht der erste Eindruck. Denn diese Erinnerungen verstärken unsere Trauer nicht, sie helfen aber dabei, die Trauer, die noch verarbeitet werden will, sichtbar zu machen. Bewusste Erinnerungen an das, was vergangen ist, kann also ein Ventil sein.
Solange Erinnerungen noch eine Welle von schmerzhafter Trauer in uns auslösen, wissen wir, dass wir noch nicht mit unserem Trauerprozess abgeschlossen haben. Auch hier kann es dann hilfreich sein, wieder unseren „Ort der Trauer“ aufzusuchen, der uns Schutz und Halt gibt.
Dort können wir eine Kerze entzünden, alte Fotos betrachten, oder uns einfach im Stillen an vergangene Situationen erinnern, die mit unserem Verlust in Verbindung stehen. Es kann auch angenehm sein, gemeinsam mit anderen in Erinnerungen zu schwelgen und auf diese Weise zusammen den Verlust, aber auch die schönen Momente zu vergegenwärtigen.
Traditionen schaffen
Gerade zu dieser Zeit im Jahr suchen viele Menschen die Gräber geliebter, verstorbener Personen auf, um dort an sie zu denken und sie mit Blumengestecken und Kerzen zu ehren.
Wer dafür nicht an ein Grab gehen will oder es vielleicht auch gar nicht kann, der kann zuhause z. B. einen Platz gestalten, auf dem Bilder von den Personen oder Tieren aufgestellt werden, derer man gedenken will, um dort eine Kerze zu entzünden.
Eine andere schöne Möglichkeit ist es, Grabkerzen draußen zu platzieren. Egal ob im Garten, vor der Haustür, am Fenster oder auf dem Balkon. Jetzt, in dieser dunklen Zeit, wird ihr Licht uns für einige Tage immer wieder in Liebe zurückdenken lassen.
Man kann auch einige Dinge kombinieren. Zum Beispiel kann man ein Foto, oder mehrere Fotos zusammen aufstellen, mit einem schwarzen Band versehen und eine Kerze, Räucherstäbchenhalter oder ein Duftlämpchen daneben platzieren. Ab und an kann man dort auch mal ein Gläschen Schnaps oder Kekse platzieren, die später dann der Natur übergeben werden. Auf diese Weise kann man die Verstorbenen ehren und ihrer gedenken, was ebenfalls dazu beitragen kann, mit dem Verlust langfristig umgehen zu können.
Wer einen Garten und genug Platz hat, kann auch eine Ecke darin gestalten, die speziell zum Trauern und zum Erinnern gedacht ist. Dort kann man z. B. auch Gedenksteine auslegen. Mit Gravur oder einfach einen schönen Stein, der als Erinnerung dienen soll. Oder man pflanzt eine bestimmte Pflanze mit der gleichen Absicht.
Wieder nach vorne blicken
Wenn die erste Zeit der Trauer überwunden ist, kann es sein, dass man an einen Punkt kommt, an dem man gerne abschließen und weitergehen möchte. Hier können Rituale hilfreich sein, die den Prozess des Loslassens unterstützen sollen. Einen Blogbeitrag zu diesem Thema findet Ihr hier.
Darin habe ich für Euch einige Rituale beschrieben, die sich dazu eignen.
In meinem nächsten Beitrag werde ich speziell auf das Jahreskreisfest Samhain eingehen und beschreiben, wie ich es dieses Jahr feiern werde. Denn dieses Fest kann einen wunderbaren Rahmen zum Trauern und Loslassen bieten.
Ich hoffe, ich konnte Euch in diesem Beitrag ein paar hilfreiche Anregungen vermitteln, die Euch unterstützen können, wenn Ihr bewusst einen Verlust betrauern möchtet oder müsst.
Alles Liebe,
Eure Neuzeitdruidin

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